Wohnen mit Geschichte

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«Die Telli war ein Pionierprojekt – einzigartig in seiner Art und sehr innovativ.»

Felix Fuchs war von 1989 bis 2015 Stadtbaumeister von Aarau. Er hat viel zur heutigen hohen Lebensqualität der Stadt beigetragen – und der Telli zu ihrem ursprünglichen Umfang verholfen.

 

Felix Fuchs, als Sie 1989 die Stelle als Stadtbaumeister angetreten haben, standen drei der vier Telli-Blöcke…

«Ich erinnere mich gut daran – der Bau des vierten Telli-Blocks war mein allererstes Geschäft als Stadtbaumeister. Man überlegte sich, den geplanten vierten Block nicht mehr zu bauen. Damals galten Hochhäuser als unattraktiv – die Menschen wollten lieber näher am Boden wohnen – in Bauten mit zwei oder drei Erdgeschossen. Ich habe dringend von einer Änderung des Projekts abgeraten.»

Warum?

«Es wäre eine Sünde gewesen, das sehr gute Konzept des Städtebauers Hans Marti zu ändern. Schliesslich ist es ein wegweisendes Projekt, nicht nur für die Stadt Aarau, sondern für die ganze Schweiz.»

Was macht die Telli so einzigartig?

«Es war ein innovatives Projekt – damals wie heute. Bei der Planung der Siedlung war der Freiraum mitbestimmend, zum Beispiel die Aussenräume, die Wegverbindungen und der Anschluss des Quartiers an seine Umgebung. Die Gebäude wurden darauf ausgerichtet. Diese Herangehensweise garantiert eine hohe Lebensqualität für die Bewohner*innen. Vor allem dieser riesige Park, der in die Auenlandschaft der Aare ausgreift, galt damals als etwas Einzigartiges. Genauso wie das Gemeinschaftszentrum, das bis heute eine wichtige Rolle im gesellschaftlichen Leben der Siedlung spielt. Und welche Siedlung hatte damals schon eine eigene Minigolfanlage oder einen Kleintierzoo?»

In der Telli wurden über 1000 Wohnungen für rund 3000 Menschen in weniger als zehn Jahren gebaut. Hat das Aarau verändert?

«Nicht wirklich. Die Telli erfüllte den Anspruch, guten Wohnraum zu vernünftigen Preisen für sehr viele Menschen zu schaffen. In ihrer Funktion und auch in ihrer Form ist sie eine Einzelgängerin geblieben. Auch weil der Bau der Telli in der damaligen Zeit eine mutige Entscheidung war. Mitte der 1970er Jahre war die Ölkrise in vollem Gange, weltweit stockte die Wirtschaft und niemand wusste, wie sich die Lage entwickeln würde.»

 Da, wo die Telli heute steht, hätte ja mal ein Hafen entstehen sollen.

«Ja, das war eine verrückte Geschichte! Die Aare Schifffahrtsgesellschaft träumte 1913 von einer transhelvetischen Wasserstrasse, die Basel mit Biel über den Wasserweg verbunden hätte. Wo heute die Telli steht, war eine Hafenanlage geplant. Die Idee wurde später verworfen. Dabei hatten kühne Ideen an der Aare durchaus Tradition: 1891 hatten die Jura-Cement-Fabriken eine Seilbahn gebaut, die den Beton von ihrem Werk an der Aare zur Verladestation am Güterbahnhof im Torfeld transportierte.»